Songwriting mit Silvan Kuntz  

Lehrmittel für Songwriting - Eine EGTA Leseempfehlung  

Silvan Kuntz ist Sänger, Gitarrist und Songwriter der erfolgreichen Band Panda Lux. Zurzeit unterrichtet er an der Kantonsschule Trogen Gitarre und Songwriting/Komposition als Freifach. Mit seinem Bruder tritt er als Gitarrenduo unter dem Namen HOEHN auf. Er studierte klassische Gitarre in Luzern bei Andreas von Wangenheim, 2022 schloss er den Master of Arts in Musikpädagogik ab. Im Rahmen seiner Masterarbeit hat er es sich zur Aufgabe gemacht, seine Erfahrung und sein Wissen im Bereich Songwriting in Form eines Lehrmittels für Songwriting niederzuschreiben. Nebst vertieftem Auseinandersetzen mit verschiedenen Musikstilen, konnte er dieses Wissen in Masterclasses mit der Schweizer Sängerin Sophie Hunger ergänzen. Das Lehrmittel eignet sich sowohl für Lehrpersonen als auch für Schüler*innen und interessierte Laienmusiker*innen. Silvan Kuntz erläutert darin seine Tipps und Techniken für das Begleiten, das Texten und was es braucht, um einen Song herausgeben zu können. Wir haben die Arbeit gelesen und finden sie sehr empfehlenswert! Silvan Kuntz hat uns freundlicherweise die Erlaubnis gegeben, einen kleinen Teil aus seiner Arbeit hier abzudrucken. Das ganze Lehrmittel umfasst beinahe 60 A4-Seiten. Insofern können wir hier nur einen kleinen Einblick geben. Wir möchten dabei aus zwei Kapiteln zitieren: In dem einen Teil geht es um das Komponieren auf der Gitarre und im anderen um das Erstellen von Liedtexten. 

 

3. Akkordfolgen und eigene Gitarrenriffs komponieren  
[…]
  Dezimen  

Falls dir der Powerchord etwas zu trocken ist und zu wenig bei dir auslöst, so sind gespielte Dezimen auf der Gitarre evtl. das richtige Mittel für dich. Bestimmt kennst du den Klang des Akkords bereits von zahlreichen bekannten Songs wie zum Beispiel «Hold Back The River» von James Bay oder «Le vent nous portera» in einer Version von Sophie Hunger.  

Für einen A-Moll Dezimen-Klang greifst du im 5. Bund auf der tiefen E-Saite und im 5. Bund auf der G-Saite. Für einen Dur-Klang versetzt du den Ton auf der 3. Saite um einen Bund höher. Dezimen kannst du auch von der 5. Saite aus spielen. C-Moll beispielsweise greifst du auf der A-Saite im 3. Bund und im 4. Bund auf der B-Seite. Für C-Dur greifst du im 3. Bund auf der A-Saite und im 5. Bund auf der B-Saite. Du zupfst die Basssaite mit dem Daumen und die höhere Saite mit dem Zeige-oder Mittelfinger. Wie die Powerchords, kannst du auch Dezimen auf dem ganzen Griffbrett verschieben und von jedem beliebigen Grundton aus realisieren. Du darfst hier nur die Saiten anschlagen bzw. zupfen, welche du greifst.  

Übung 3  
Realisiere auf der Gitarre eine Harmonieabfolge mit Dezimen. Wähle aus den folgenden Dezimen deine Favoriten aus und kombiniere sie. Reihenfolge und Rhythmus sollst du selbst bestimmen. Wähle aus:  


6. Songtext  
[...] Visualisieren von Emotionen
 
Sobald du ein Wort singst, welches dir gefällt oder du dein Thema, deine Geschichte vor Augen hast, kannst du damit beginnen, den Song mit Bildern anzureichern und Schritt für Schritt zu kreieren. Bildsprache und Inhalt sind direkt miteinander verknüpft und bauen aufeinander auf. Wenn du dich enttäuscht fühlst oder es dir richtig schlecht geht, so ist es hilfreich zum Beispiel ein Bild wie «sich einsam in einer Bar zu betrinken» dafür zu finden als einfach zu singen: «Ich fühle mich enttäuscht und mies».(vgl. Roth, 2017) Es ist deshalb wichtig mit offenen Augen durch deinen Alltag zu gehen, damit du möglichst viele Bilder für Situationen in deiner imaginären Bibliothek sammelst. Gefühl, Bild- und Textvorstellung gehen mit der Musik eine beinahe magische Verbindung ein. Paul McCartney spricht in seinem Werk Lyrics von einer «Macht, mit einigen gut gewählten Worten eine Szene entstehen zu lassen [...]. Im Songwriting liegt die Chance begründet, Autor kürzester Miniaturstücke zu werden.» (vgl. McCartney, 2021, S. 27) Deine Wahrnehmung ist wie keine andere. Sie ist besonders wertvoll. Nur du fühlst, was du fühlst und nur du siehst gewisse Dinge wie du sie siehst. Starke Visualisierungen von Emotionen, Geschichten und Erfahrungen sind ein gutes Mittel, um Songtexte zu schreiben.  

Die Zuhörenden sollen in deine Welt eintauchen können. Lass sie teilhaben an der Stimmung, dem Geschmack, dem Geruch, den Formen, Emotionen, den Tönen, der Textur, den Farben oder Kontrasten. Mit nachvollziehbaren Bildern, ausgelöst durch deinen Songtext, blühen auch bei den Zuhörer*innen Emotionen und Gefühle auf. Es kommt zu einer Resonanz. Mit einer bildhaften, detaillierten Beschreibung durch die Konzentration auf einzelne und unterschiedliche Sinneseindrücke zapfst du das Gedächtnis, dieErinnerung und die Phantasie der Zuhörenden an. Es handelt sich um einen Sinnesreichtum an Hören, Sehen, Schmecken, Riechen, Tasten, Fühlen und der eigenen Körperbalance. (vgl. Pattison, 2014) [...]  

Werkzeuge für das Texten  
[...] Welche Werkzeuge gibt es, um Bilder für deine Emotionen, deine Handlungen und deine Geschichten zu finden? Nun stelle ich dir einige vor, mit denen du deine Gefühle mit starken Bildern anreichern kannst. So findest du Schritt für Schritt einen Weg zu kreativen Songtexten.  

[…] Personifizierung von Gefühlen oder Gegenständen 
Dieses rhetorische Stilmittel enthält eine Art von Metapher. Dabei werden personifizierten Dingen und Gefühlen menschliche Eigenschaften und Fähigkeiten zugeschrieben. Beispiele liest du hier: 
„Dein Glück erdrückt mich“ 
„Heute weint die Sonne“ 
„Die Zärtlichkeit umhüllt mich wie ein Kleid“  

Klare Vorstellung der Charaktere 
Die Ausstattung und Beschreibung der Charaktere in deinem Song spielen eine zentrale, inhaltliche Rolle. Sei dir bewusst, welche Person für was steht und wie du sie lebendig und kraftvoll beschreiben kannst.  

Kontraste 
Ein Verwenden von Kontrasten und Gegenüberstellungen schärfen das Bild und die Aussage deines Songs. Mit unkonventionellen Kontrasten schaffst du neue, sprachliche Bilder, die überraschen können. Interpretationsspielräume erschliessen sich so dem Publikum. Verdeutlichen möchte ich einen Gegensatz mit diesem Beispiel: 
„Deine Hand ist so kalt wie Lava“  

Bei so einem kontrastreichen Vergleich ist es wichtig, dass die Eigenschaft des Adjektivs, in diesem Fall „kalt“, in der Realität möglichst weit entfernt ist von der realen Eigenschaft von Lava als Inbegriff von glühend heiss. Liegen die Eigenschaften der vergleichenden Elemente in der Realität zu nahe beieinander, so wird es eher verwirrend und nicht interessant. Liegt die Konzentration auf unterschiedlichen Sinnen, so können eigene, vielfältige Bilder entstehen. Neugier, Interesse und Aufmerksamkeit steigern sich. 


Wer die ganze Arbeit als PDF lesen möchte, kann sich gern direkt bei Silvan Kuntz melden: kuntz.silvan@gmx.ch  

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CD-Review: Works for Guitar Sextet – Guitarra a Seis 

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Pädagogik-Buchbesprechung: Glückliche Schüler muiszieren besser! (von Nicolai Petrat)